Der Brandung lauschen

Trampolin

«Und in der Nacht springen Füchse auf dem
Riesentrampolin, auf dem tagsüber Kinder hüpfen.
Während die Kinder unter Daunendecken schlafen.»

Zu: Wohnüberbauung Choiseul Parc, 2004

Sprung

«Der See liegt in der Scheibe. Über die Scheibe ziehen
Ruderer in der Morgendämmerung ihre schnurgerade Bahn,
gleiten gleichmässig.
Das Ziehen der Ruder durch Wasser.
Und intakt ist die Scheibe. Das erstaunt ihn jeden Morgen
aufs Neue.»

Zu: Maison les Grèves, 2008

Draussen

«Die Hecke stutzt.
Das Gras wächst über sich hinaus.
Und die Palme träumt vom Süden.»

Zu: Wohnüberbauung Grand-Saconnex, 2000

Niesen

«Die Menschenstimmen drangen nur noch leise zu ihr.
Auf der Terrasse war es kühl und sie war froh, dass sie wieder
ihre Ruhe hatte. Hier draussen, nur mit vereinzelten anderen
Menschen, die in die Dämmerung zeigten und Oh sagten
und Ah und Schau und Schön. Die Fotos machten, mehrheitlich
Selfies, und im Hintergrund das dunkelblaue Bergpanorama.
Sie stellte sich mit Absicht so hin, dass keiner
dieser Menschen auf die Idee kommen konnte, sie zu bitten,
ein Foto von ihnen zu machen.
Das konnte sie, sich im Raum so verhalten, dass sie mehr
Umgebung war als Körper, mehr Geländer als Arme und
Beine, mehr Scheibe als Kleidung.»

Zu: Berghaus Niesen, 2002

Verwaltungsgebäude

«Der Koch in der Kantine fühlt sich in diesem
Gebäude sicher.
Pfeiler zeugen vom alten Zeughaus. Ein Haus um ein Haus
gebaut.
Einmal drin, kommt man hier so schnell nicht wieder raus.
Aber so schnell kommt man hier auch nicht herein.
Es ist seine zweite Arbeitswoche und er kennt bereits drei
Abkürzungen innerhalb des Gebäudes, er weiss schon Bescheid
über die Verteilung der Sonnenflecken im Atrium und
kennt den Kreislauf des grossen Brunnens im Innenhof,
der in seinen zwölf Wasserbecken, die er nacheinander füllt,
die Stunden des Tages anzeigt.»

Zu: Verwaltungszentrum Guisanplatz, 2026

Jugendherberge

«Jetzt liegen alle drinnen und schlafen,
oder flüstern durchs Dunkel, oder schleichen von
Zimmer zu Zimmer.
Und sie sind wach am Fluss und tanzen.
Und ganz unten klirren Kiesel.»

Zu: Jugendherberge, 2016

Text: Gianna Molinari

Fotografien: Adrian Scheidegger und Alexander Jaquemet